INSIDE I FEEL – Antworten zur Frage No. 2

erste erkenntnisse/first insights

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Eine von vielen Einsichten und Beobachtungen: Ich bin noch nicht satt von der Ruhe und Stille und vom Rückzug, ich sauge wie ein trockener Schwamm das stille, weite, ruhige Wasser auf. Gerne noch mehr davon. Noch habe ich nicht alle Bücher gelesen, noch nicht bin ich in Ruhe in alle meine Wunschprojekte eingetaucht. Ich finds grad unglaublich schön, wenn auch seltsam und surreal so Vieles.

– Marianne

INSIDE I FEEL

  • Empty and frightened (as nurse I know we will get infected and some of us will die)

  • Angry because many people are not following the rules

  • Sad because the man I meet for 3 months so far and I are distanced... will love survive?

  • Strong for my daughter, myself and my friends, patients

  • Missing the mountains and the possibility to go where I want to go

    – Melanie

Today I realized that I think a lot about people, through the objects or gifts that I have received from people I love. Also when I wash the dishes, I think of the nice plumber who has repaired my hot water! I hadn't realized so clearly before that people leave such a strong mark on things. – Elise

Bild aus dem Corona-Tagebuch der Illustratorin Esther Angst, www.estherangst.ch

Bild aus dem Corona-Tagebuch der Illustratorin Esther Angst, www.estherangst.ch



Corona war für mich zu Beginn ein neuer Sensationsbegriff der Medien, welcher massiv ausgeschlachtet wird. Ich betrachtete dieses Thema als unnötigen Stresstreiber, welcher somit die seelische Stabilität hätte gefährden können.

Daher wollte ich dem Thema keine grosse Beachtung schenken.

Erst rund 10 Tage vor dem Shutdown begann ich zu realisieren, dass es sich hier wohl um mehr als um eine Sensationsnachricht handelt. Ich wusste nicht so recht, wie ich mit der neuen Ausgangslage umgehen soll und versuchte daher soweit wie möglich mein normales Leben weiterzuführen. Allerdings bemerkte ich, dass Leute begannen sich nicht mehr rational zu verhalten.

  • Aus der Ungewissheit entsprang Panik,

  • die Panik verursachte bei mir zusätzliche Unsicherheit

  • Meine Unsicherheit verursachte Stress

  • Der Stress verursachte Wut auf die Menschen, welche der Panik verfallen sind

  • In der Wut begann ich mich über Senioren zu enervieren, welche nachwievor draussen unterwegs waren

Ich stellte fest, dass ich mich ebenfalls in der Spirale der Panik befand und machte einen Schritt nach links.

  • Ja, Klopapier haben wir noch genug

  • Ja, Senioren müssen sich doch draussen bewegen, das gehört doch zum Menschsein dazu

  • Ja, ich will mich nach wie vor in der Natur bewegen

  • Ja, grosse Menschenansammlungen sind nicht mein Ding

  • Ja, kein Problem für mich

Mit dem Shutdown fiel eine Grosse Last von meinen Schultern. Gerade stand ich unter grossem Druck, weil niemand wusste, wie es nun weitergeht. Die Details des Shutdown waren vom Bund eigentlich klar geregelt. Für mich ein ganz wichtiger Punkt: «Wandern in kleinen Gruppen ist erlaubt».

«Bleiben Sie zu Hause» – «Es sollte nun doch der Allerletzte begriffen haben, dass man zuhause bleiben soll» – «Geht nicht in die Berge, wir wollen das Gesundheitssystem nicht noch mit Bergunfällen belasten»,  sind die Sätze, welche wir nun ständig um die Ohren gehauen kriegen.  Dies widerspricht eigentlich den Verordnungen vom Bund, welche ich zu befolgen gewillt war.

  • Ich empfand diese als willkürliche Anordnungen

  • Ich empfand mich von der Gesellschaft in meinen Rechten beschnitten

  • Ich empfand es als Unrecht, diese Schlagwörter rauszuhauen, ohne auf die Spezifikationen zu verweisen

  • Mit meinem Wanderungen in der Natur beschlich mich das Gefühl, dass ich den Argwohn der Gesellschaft auf mich ziehe

  • Wut kam in mir auf, weil ich mich in meinen Augen ungerecht behandelt fühlte.

  • Ich fühlte mich in meiner Würde verletzt

In der Folge stellte ich fest, dass dieses Unrecht eine Folge der Verunsicherung meiner Mitmenschen war.

Mit jedem Tag beginnen wir uns immer mehr an die neuen Bedingungen zu gewöhnen. Das Einkaufen ist zwar nachwievor ein Alptraum, aber man hat langsam gelernt, sich im neuen Rahmen zu bewegen.

Corona hat schöne Seiten:

  • Die für mich so wichtige Natur um uns herum beginnt sich zu erholen

  • Das Leben ist weit weniger hektisch

  • Man ist demütiger der Natur gegenüber, viele haben den Wert der Natur entdeckt

  • Menschen haben viel mehr Zeit für einander

Paradox ist, dass ich:

  • Seit Corona manchen Menschen mit Einsatz von Telefongesprächen näher gekommen bin,
    der Bedarf an Erfahrungsaustausch ist immens.

Ich stelle fest, dass mich ein Angstgefühl beschleicht, wenn ich an die Aufhebung der Massnahmen denke.

  • Ich fürchte den rapiden Anstieg der Hektik, welcher für mich ein riesiger Stressor ist.

  • Ich fürchte einen erneuten Ausbruch von Panikkäufen, dieses mal von Artikeln, welche nicht das tägliche Leben betreffen.

  • Ich fürchte übermässige Menschenansammlungen in Restaurants, Café’s etc.  

Kurzum, mit einem stetigen, «normalen» Verhalten, läuft man Gefahr, erneut Ungerechtigkeiten zum Opfer zu fallen.

Corona in den Köpfen der Menschen ist wie in der Innenspur eines Verkehrskreisel zu fahren. Man kommt da nicht raus, weil die drängelnden Autos in der Aussenspur den Weg versperren.

– Donat

  • Warten.

  • Interesselosigkeit. Mut-, und noch mehr Lustlosigkeit.

  • Ersatzbefriedigungen, welche kein Ziel und wenig Anstrengung voraussetzen.

  • Das Leben offenbart sich in vielen Bereichen als eintönig,  beschwerlich und nutzlos. Dazu die ganze Woche ein eisiger Ostwind.

  • Überall ist ein Beklommenheit zu spüren.

  • Die Akedia: Permutation von Aktiv und Passiv. Ziele aufgeben, heißt fallengelassen werden; man ist Subjekt und Objekt des Verlusts => Gefühl der Ausweglosigkeit.

  • Eine Theorie mag noch so nutzlos und falsch sein, sie hat immer einen sedativen Effekt.

  • Die Infektionen im Umfeld kommen beinahe stündlich näher.

  • Warten.

  • Geschichte wiederholt sich nicht, aber kann mögliche Richtungen aufzeigen.

  • Fronturlaub. Manchmal wünsche ich mir, endlich selbst infiziert zu werden.

– Robert

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